Auf der Pilgerstraße - Anfang des Dachsmondes
Abgehetzt erreicht Gräfin Helne Värmann am Morgen des Aufbruchs von Prinz Berendor und seinem Gefolge zu Pferd die heimatliche Adorburg. Sie ist Ulf- da- Echorsa der Außenkammer Silurs, ihr Amt entspricht dem eines Außenministerials im Kaiserreich. Sie hat lange in der Kaiserstadt Chalkis gelebt und ist mit der Etikette am Hofe bestens vertraut. Staubige Kleidung und verschwitztes Gesicht halten sie nicht davon ab, die vorgesehenen Verbeugungen zu machen und die gesetzten Worte zu sprechen, welche das Protokoll bei der Begegnung eines Kindes des Kaiserpaares und einem hochgestellten Amtsträger eines der Teilreiche des Kaiserreiches Karcanon vorsehen. Jetzt erst wird vielen Anwesenden so richtig bewusst, welch hochgestellte Personen die Adorburg in ihren Mauern beherbergt.
Kurze Zeit später hat sich Gräfin Helne erfrischt und die Kleidung gewechselt und ist bereit, die Gruppe um Prinz Berendor und König Katuum auf der Pilgerstraße zum Lichtberg zu führen. Alle Reisenden sind jetzt beritten und sie kommen zügig voran.
Gräfin Helne erklärt unterwegs den burschikosen Umgang mit höchsten Würdenträgern auf Silur: „Es ist so, dass die Distanz zwischen Herrscher und Volk auf Silur klein ist. Das mag daran liegen, dass die Zahl der Silurer gering und ihre Insel überschaubar ist, so dass die meisten Einwohner ihrem König bereits von Angesicht zu Angesicht begegnet sind. Vielleicht ist auch die Religion Silurs von Bedeutung, die zwar Hierarchien kennt, sie aber nicht durch Götterwort rechtfertigt. Eine wichtige Rolle mag auch die Revolte von Belfalas spielen, als sich im Jahre 365 n.P. das hungernde Volk der Hauptstadt gegen König Zyclaan den Mächtigen erhob, als er es verhöhnte und er wie ein einfacher Mensch starb, als er am Firstbalken der Gerichtslaube gehenkt wurde. Natürlich muss, wie bei vielen Dingen in Silur, auch die volkstümliche Geschichte um König Jermay in Betracht gezogen werden, der die Insel Silur in Begleitung seiner Gefährten und nicht als Anführer von Untergebenen erreichte. Auch heutzutage grüßen die Nachfahren der Gefährten die Erben Jermays prinzipiell als Gleichgestellte, deren besondere Würde sich primär aus Amt und Tun ergibt.
Dann gibt es allerdings auch den Begriff des Königsheils, nach dem das Schicksal Silurs mit dem in der Linie Jermays erblichen Glück verbunden ist, das sich in der gelungenen Silurfahrt und der erfolgreichen Ansiedlung auf der Insel erwies. Vom Herrscher Silurs wird deswegen erwartet, dass er sein Würdigkeit zeigt, in dem er seinem Volk vorangeht. Ragall gewann viel Prestige, indem er die Flucht Silurs nach Yslannad im Jahr des Feuers und seine Heimkehr im Jahr des Weines anführte. Viel Ansehen verlor er, als er nicht bereit war, die Dunkelelfen Ersors in ihrer Festung Salonien aufzusuchen. Ein Frieden mit diesem Volk wurde erst durch die Tapferkeit des Magiers Vallö Kalundgrag und von Aki Eibenblatt, einer Wanderhändlerin möglich. Ihr Erfolg, wo Ragall versagte hat die Autorität des Königtums erschüttert. Andererseits haben seine Ehe mit Martyna in Karalo- Floran und sein Aufenthalt am Kaiserhof Silur Wohlstand und Einfluss gesichert und gelten als Nachweis, dass das Königsheil weiter auf ihm liegt.“
Mit diesen Erklärungen erreichen die Reiter einen Dreiweg, eine Weggabelung, an der sich drei gleichberechtigte Straßen treffen und die Route zur Adorburg die Prozessionsstraße trifft. Nach links geht es zur Flussburg und zum Hafen Sydspitze in Callen, die Reiter aber folgen ihr nach rechts, gen Thysias, zur Küste und in Richtung des Großen Tempels KRANGOS. Die Straße windet sich in weiten Schwüngen durchs Land, entlang von Hängen und Flusstälern. Immer wieder eröffnen sich Ausblicke auf weite Wälder mit vereinzelten Silurischen Höfen, später auch von den Klippen der Steilküste auf die Weite der Silursee. In Buchten zwängen sich Fischerdörfer. Alle paar Wegstunden stehen Krooge an der Straße, privilegierte Gasthöfe für die Versorgung und zur Unterkunft der Reisenden.
Gräfin Helne Värmann erklärt, dass die Prozessionsstraße der Ringstraße folgt, einem Werk des Ersten Volkes von Silur, welches im Kreis um die Insel führte. Diese Ringstraße, viel zu groß dimensioniert für die wenigen Silurer war wohl weniger ein Verkehrsweg als viel mehr selbst ein Heiligtum, ein Weg, auf dem der Vulkanberg Bel- Arad in Prozessionen von Pilgern umrundet werden konnte, die so die auf seinem Gipfel wohnenden Göttern verehrten. Nun gilt nur wenigen heutigen Silurern der Bel- Arad als Wohnsitz ihrer Götter Dena und Chnum. Doch auch heute soll die Pilgerreise vom Hafen in Sydspitze zum KRANGOS die Herzen und Seelen der Gläubigen öffnen. So entsprechen sich Ringstraße und Prozessionsstraße, indem sie die Pilger mit spektakulären Ausblicken das Wunder der göttlichen Schöpfung zeigen, ihn an Heiligtümern zur Andacht einladen, ihn in stillen Wäldern und auf weiten Ebenen zur Einsicht mahnen.
Die Prozessionsstraße ist nicht dem Verkehr sondern der Seele des Pilgers gewidmet. So besuchen Berendor und seine Begleiter Druiden, welche an Steinkreisen den Lauf der Gestirne verfolgen und Schamanen, welche ihnen helfen wollen, ihren Körper durch wilden Tanz, ihre Seele durch ekstatische Schreie und ihren Geist durch den Genuss geeigneter Pilze zu befreien.
Auf der große Statue der Liegenden Dena, geschaffen von der der Bildhauerin Anje Amvenne spielen Kinder. Das ist der Wille der Bildhauerin, sie sagt, dass Myra der Leib Denas ist, auf dem die Menschen, den Kindern gleich, spielen. Ein sonniger Hügel läd ein sich nackt ins Gras zu legen, geborgen zwischen Denas Erde und Chnums Himmel.
Oft wird die die auffällige Reisegruppe von ihren Mitreisenden angesprochen. Sie fragen selten nach Name, Stand oder Absicht, viel häufiger reden sie über Götter und Myra. Etwas scheint sie zu drängen, fremde Ansichten zu hören und mit eigenen Erfahrungen zu vergleichen. Die Meinungen von Katuum und Berendor werden aufmerksam gehört und diskutiert, auch wenn sie sich oft nicht als Elfenkönig und Kaisersohn vorstellen oder als diese erkannt werden. Schwämmen gleich saugen Ansässige und Reisende die Worte der Fremden auf. Mit der erneuten Hinwendung des Reiches hin zur Spiritualität wurde das Interesse an Religion bei Jedermensch geweckt und wiedererweckt.
Kultur aus Silur
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Re: Kultur aus Silur
Auf dem Lichtberg, am Stein der Dena - Mitte des Dachsmondes
Gräfin Helne Värmann berichtet vom Stein der Dena: „Das ist ein magischer Fokus, ein Anker, ein Ort für Zeremonien den Lavakindern Kraft zu geben, wenn sie darum ringen das Dimensionstor im Bel- Arad geschlossen zu halten. Dieses Tor, so wissen es Weise und so singen es Barden ist das einzige Tor durch das der Darkon, der höchste Heerführer der Finsternis, seinen Verbannungsort, die Innenwelt verlassen kann um die Oberwelt zu verheeren. Es wird gerätselt, warum er den Weg in der finsteren Zeit, die dem Jahr des Feuers folgte und das Tor offen stand nicht gegangen ist. Möglicherweise lag es an Rivalitäten der Finstermächte untereinander.
Als sich Silur entschied, den Weg von Magie und Spiritualität zu gehen war der Wille den Lavakinder zu helfen ein wichtiger Grund. Sie haben durch Geistesmacht und geistige Unterstützung mancher Völker auf der Insel Silur das Tor ewigkeitenlang gehalten und nur ein einziges mal ist es gefallen, als Arus ur Eklas, der Feuerhund Seths, der Hochlord der Finsternis im Feuermond im Jahre des Feuers, im Moment seiner größten Macht angriff. Heere hingegen haben Silur, obwohl die Insel so gut zu verteidigen ist wie sonst kaum ein Ort Myras wiederholt erobert.“
So erreichen die Reiter den Dreiweg, an dem sich die Prozessionsstraße zwischen den Dörfern Esch und Ilmenau vom Weg zum Stein der Dena trennt. Er führt die Reisenden in Serpentinen hoch in die nach Ophis offene Gipfelmulde des Lichtberges. Hier bietet ein kleiner See, Denas Träne Erfrischung, hier stehen eine Anzahl schlichter Holzhütten bereit den Reisenden Unterkunft zu geben, hier steht das Haus des Wächters des Steines. Den Stein der Dena selber verbirgt ein Buchenwäldchen.
„Man sieht es vom Boden schlecht, aber die Buchen sind in einer Spirale um den Stein gepflanzt“, weiß Prinz Berendor, der auch über die Religionen der Länder des Kaiserreiches unterrichtet wurde: „Für jeden Reichshohepriester der Dena in Silur wird ein neuer Baum gepflanzt und hier wird er gewählt.“
Die Gruppe tritt aus den Bäumen zum Platz am Stein. Es ist still hier. Stehend und schweigend einen Kreis um sie bildend betrachten sechs Menschen intensiv die wohl 20 Schritt aus dem Boden ragende Stele, als würden sie erwarten, dass jeden Moment auf ihren Flanken Zeichen offenbart werden. Es sind sehr unterschiedliche Personen, ein Handwerksgeselle mit einem Beil am Gürtel, eine Magierin, kenntlich am Spitzhut ihrer Tracht, eine beleibte Kauffrau die unter der ungewohnten Anstrengung des Stehens alle Weile ihr Gewicht von einem auf den anderen Fuß verlagert und eine Bauernfamilie, Vater, Mutter und ein Kleinkind, welches, seinen Eltern gleich und gebannt von der Ernsthaftigkeit des Tuns den Stein der Dena mit weit offenen Augen anstarrt.
Berendor und seine Begleiter verlassen den heiligen Platz. Die Buchen scheinen ihn vom geschäftigen Treiben der Menschen am Gipfel zu schirmen. Vor dem Wäldchen spielen Kinder mit Mondpferden, einer halb zahmen Herde von kleinwüchsigen Rappen, stets mit einer kreisförmigen Blässe auf der Stirn. Menschen aller Stände, junge und alte bereiten das Abendessen vor. Gräfin Helne führt die Gruppe zu einem Steinkreis nahebei. Worte sind in die Steine gemeißelt, Berendor liest den Namen seines Begleiters Katuum. Daneben sind auf weiteren Steinen Ragall, der ehemalige Herrscher Silurs und seine Ratgeberin Otwela von Memmering, Vargas, der Höchstpriester des Norytton aus Tronja und die Priester der Seeelfen die ihn begleiteten, Salmed von der Varan, der Priester des Norytton aus der Purpurnen Bruderschaft, Shayol, die Borgonanbeterin und Shymuen der Seher und Ajirlan n'Orrdet, der oberste Seepriesterin des Norytton aus Borgon Dyl verewigt.
„Dieses Denkmal“, erklärt Gräfin Värmann mit einer angedeuteten Verbeugung vor dem Elfenkönig: „Ehrt die Menschen und Elfen, Frauen und Männer welche den Stein neu weihten, nachdem die Invasoren ihn geschändet und zerschlagen haben. Manche sagen, es sei ein Ersatz, den Dena selber, welche uns Silurern ja Göttin des Grundes auf dem wir gehen ist, schuf und aus sich selber heraus wachsen ließ. Andere meinen, Dena habe dem echten Stein in ihrem Leib geborgen. Sie ließ die Finsterlinge ein Trugbild zerstören, während das wahre Heiligtum unangetastet blieb. Andere sagen gar“, sie sieht den Elfenkönig fragend an: „Dass Katuum den Stein mit seiner Zaubermacht neu geschaffen hat, ja dass er nachts auf einem Drachen fortgeflogen sei und anderntags eine neue Stele mitgebracht habe.“ Doch Katuum lächelt und schweigt und bleibt eine Antwort schuldig. Gräfin Helnes erzählt weiter: „Viele Silurer aber erzählen, sie haben die Brocken der Stele aus den Latrinen der Invasoren geborgen, die sie als deren Sklaven reinigen mussten und haben die Stücke auf den Lichtberg gebracht, wo die Magier und Priester der Lichtliga den Stein der Dena zusammenfügten und erneut weihten. Denas Gnade soll in besonderer Weise auf den Menschen und ihren Kindern liegen, die an diesem Werk beteiligt waren. Manche meinen diese Gnade sei die neue Kraft mit der Priester und Druiden, Schamanen und Magier Silurs Wunder und Zauber wirken. Die Wahrheit mag, keine 30 Jahren nach den Ereignissen schon unter Legenden verborgen sein, doch auf Silur sagt man, wenn die Legende besser ist als die Geschichte, berichte die Legende.“
Dann klingelt eine Triangel und es ist Zeit für das Abendmahl. Böcke sind aufgestellt und Tafeln aufgelegt worden. Schlichte Bänke sind die Sitzgelegenheiten. Berendor, Katuum und ihre Gefährten waren in der Adorburg reichlich mit Vorräten versorgt worden und haben in den Kroogen entlang der Straße gegessen, in denen sie auch die Nächte verbracht haben. So teilen sie großzügig und empfangen reichlich. Viele Blicke fliegen zu ihnen hinüber. Manch einer hat die Elfenmagier. die als Gäste an der ALMAKAN weilen schon von weitem gesehen, wenn sie auf ihren Echsen flogen, aber dass Elfen die Tischgemeinschaft des gewöhnlichen Silur teilen ist eine große Ausnahme.
Erster von Gleichen der Tafelnden ist Fredik Sundsvall, der 34. Hüter des Steines der Dena. Neben ihm sind alle Anwesenden Wächter des Steines, an diesem Orte von gleichem Rang und mit der gleichen Aufgabe betraut. Wachsam zu sein, auf den Stein zu schauen, stehend, vier Stunden lang, darauf achten, ob Menetekel Gefahr für das Tor im Bel- Arad anzeigen. Die 33 Vorgänger des Hüters wachten durch die Jahrhunderte oft alleine und mit wenig Begeisterung. Doch angeregt durch Kronprinz Dorim von Silur, der einen Vorschlag des Magiers Vallö Kalundgrag aufgriff ist aus der Wache am Stein eine Gemeinschaftsaufgabe des Reiches Silur, der Elfenvölker der Insel, der Weisen der ALMAKAN, der Pilger zum KRANGOS und aller Gäste des Reiches geworden. Mindestens sechs Personen stehen stets im Kreise um den Stein und wachen bis neue Wächter sie ablösen. Heute abend allerdings will jeder zusammen mit den Elfen und ihren Begleitern wachen, umso mehr, als bekannt wird, wer sie sind
So ist es auch mit der würdigen Stille am Stein der Dena nicht so weit her. Während dutzende von Besuchern versuchen in Andacht zu verharren gucken sie doch alle Momente zu Berendor und Katuum hinüber. Später werden sie von den wenigen Gästen der Nachtwache abgelöst und finden Ruhe in einer der schlichten Gästehütten. Gräfin Helne weckt sie früh. Sie hat einen schnellen und ungestörten Aufbruch geplant. Aber schon bei Sonnenaufgang sind viele Wächter auf den Beinen, bestehen darauf gemeinsam mit König Katuum und Kaisersohn Berendor zu tafeln und ihnen zumindest die Strecke den Lichtberg hinab Geleit zu geben.
Gräfin Helne Värmann berichtet vom Stein der Dena: „Das ist ein magischer Fokus, ein Anker, ein Ort für Zeremonien den Lavakindern Kraft zu geben, wenn sie darum ringen das Dimensionstor im Bel- Arad geschlossen zu halten. Dieses Tor, so wissen es Weise und so singen es Barden ist das einzige Tor durch das der Darkon, der höchste Heerführer der Finsternis, seinen Verbannungsort, die Innenwelt verlassen kann um die Oberwelt zu verheeren. Es wird gerätselt, warum er den Weg in der finsteren Zeit, die dem Jahr des Feuers folgte und das Tor offen stand nicht gegangen ist. Möglicherweise lag es an Rivalitäten der Finstermächte untereinander.
Als sich Silur entschied, den Weg von Magie und Spiritualität zu gehen war der Wille den Lavakinder zu helfen ein wichtiger Grund. Sie haben durch Geistesmacht und geistige Unterstützung mancher Völker auf der Insel Silur das Tor ewigkeitenlang gehalten und nur ein einziges mal ist es gefallen, als Arus ur Eklas, der Feuerhund Seths, der Hochlord der Finsternis im Feuermond im Jahre des Feuers, im Moment seiner größten Macht angriff. Heere hingegen haben Silur, obwohl die Insel so gut zu verteidigen ist wie sonst kaum ein Ort Myras wiederholt erobert.“
So erreichen die Reiter den Dreiweg, an dem sich die Prozessionsstraße zwischen den Dörfern Esch und Ilmenau vom Weg zum Stein der Dena trennt. Er führt die Reisenden in Serpentinen hoch in die nach Ophis offene Gipfelmulde des Lichtberges. Hier bietet ein kleiner See, Denas Träne Erfrischung, hier stehen eine Anzahl schlichter Holzhütten bereit den Reisenden Unterkunft zu geben, hier steht das Haus des Wächters des Steines. Den Stein der Dena selber verbirgt ein Buchenwäldchen.
„Man sieht es vom Boden schlecht, aber die Buchen sind in einer Spirale um den Stein gepflanzt“, weiß Prinz Berendor, der auch über die Religionen der Länder des Kaiserreiches unterrichtet wurde: „Für jeden Reichshohepriester der Dena in Silur wird ein neuer Baum gepflanzt und hier wird er gewählt.“
Die Gruppe tritt aus den Bäumen zum Platz am Stein. Es ist still hier. Stehend und schweigend einen Kreis um sie bildend betrachten sechs Menschen intensiv die wohl 20 Schritt aus dem Boden ragende Stele, als würden sie erwarten, dass jeden Moment auf ihren Flanken Zeichen offenbart werden. Es sind sehr unterschiedliche Personen, ein Handwerksgeselle mit einem Beil am Gürtel, eine Magierin, kenntlich am Spitzhut ihrer Tracht, eine beleibte Kauffrau die unter der ungewohnten Anstrengung des Stehens alle Weile ihr Gewicht von einem auf den anderen Fuß verlagert und eine Bauernfamilie, Vater, Mutter und ein Kleinkind, welches, seinen Eltern gleich und gebannt von der Ernsthaftigkeit des Tuns den Stein der Dena mit weit offenen Augen anstarrt.
Berendor und seine Begleiter verlassen den heiligen Platz. Die Buchen scheinen ihn vom geschäftigen Treiben der Menschen am Gipfel zu schirmen. Vor dem Wäldchen spielen Kinder mit Mondpferden, einer halb zahmen Herde von kleinwüchsigen Rappen, stets mit einer kreisförmigen Blässe auf der Stirn. Menschen aller Stände, junge und alte bereiten das Abendessen vor. Gräfin Helne führt die Gruppe zu einem Steinkreis nahebei. Worte sind in die Steine gemeißelt, Berendor liest den Namen seines Begleiters Katuum. Daneben sind auf weiteren Steinen Ragall, der ehemalige Herrscher Silurs und seine Ratgeberin Otwela von Memmering, Vargas, der Höchstpriester des Norytton aus Tronja und die Priester der Seeelfen die ihn begleiteten, Salmed von der Varan, der Priester des Norytton aus der Purpurnen Bruderschaft, Shayol, die Borgonanbeterin und Shymuen der Seher und Ajirlan n'Orrdet, der oberste Seepriesterin des Norytton aus Borgon Dyl verewigt.
„Dieses Denkmal“, erklärt Gräfin Värmann mit einer angedeuteten Verbeugung vor dem Elfenkönig: „Ehrt die Menschen und Elfen, Frauen und Männer welche den Stein neu weihten, nachdem die Invasoren ihn geschändet und zerschlagen haben. Manche sagen, es sei ein Ersatz, den Dena selber, welche uns Silurern ja Göttin des Grundes auf dem wir gehen ist, schuf und aus sich selber heraus wachsen ließ. Andere meinen, Dena habe dem echten Stein in ihrem Leib geborgen. Sie ließ die Finsterlinge ein Trugbild zerstören, während das wahre Heiligtum unangetastet blieb. Andere sagen gar“, sie sieht den Elfenkönig fragend an: „Dass Katuum den Stein mit seiner Zaubermacht neu geschaffen hat, ja dass er nachts auf einem Drachen fortgeflogen sei und anderntags eine neue Stele mitgebracht habe.“ Doch Katuum lächelt und schweigt und bleibt eine Antwort schuldig. Gräfin Helnes erzählt weiter: „Viele Silurer aber erzählen, sie haben die Brocken der Stele aus den Latrinen der Invasoren geborgen, die sie als deren Sklaven reinigen mussten und haben die Stücke auf den Lichtberg gebracht, wo die Magier und Priester der Lichtliga den Stein der Dena zusammenfügten und erneut weihten. Denas Gnade soll in besonderer Weise auf den Menschen und ihren Kindern liegen, die an diesem Werk beteiligt waren. Manche meinen diese Gnade sei die neue Kraft mit der Priester und Druiden, Schamanen und Magier Silurs Wunder und Zauber wirken. Die Wahrheit mag, keine 30 Jahren nach den Ereignissen schon unter Legenden verborgen sein, doch auf Silur sagt man, wenn die Legende besser ist als die Geschichte, berichte die Legende.“
Dann klingelt eine Triangel und es ist Zeit für das Abendmahl. Böcke sind aufgestellt und Tafeln aufgelegt worden. Schlichte Bänke sind die Sitzgelegenheiten. Berendor, Katuum und ihre Gefährten waren in der Adorburg reichlich mit Vorräten versorgt worden und haben in den Kroogen entlang der Straße gegessen, in denen sie auch die Nächte verbracht haben. So teilen sie großzügig und empfangen reichlich. Viele Blicke fliegen zu ihnen hinüber. Manch einer hat die Elfenmagier. die als Gäste an der ALMAKAN weilen schon von weitem gesehen, wenn sie auf ihren Echsen flogen, aber dass Elfen die Tischgemeinschaft des gewöhnlichen Silur teilen ist eine große Ausnahme.
Erster von Gleichen der Tafelnden ist Fredik Sundsvall, der 34. Hüter des Steines der Dena. Neben ihm sind alle Anwesenden Wächter des Steines, an diesem Orte von gleichem Rang und mit der gleichen Aufgabe betraut. Wachsam zu sein, auf den Stein zu schauen, stehend, vier Stunden lang, darauf achten, ob Menetekel Gefahr für das Tor im Bel- Arad anzeigen. Die 33 Vorgänger des Hüters wachten durch die Jahrhunderte oft alleine und mit wenig Begeisterung. Doch angeregt durch Kronprinz Dorim von Silur, der einen Vorschlag des Magiers Vallö Kalundgrag aufgriff ist aus der Wache am Stein eine Gemeinschaftsaufgabe des Reiches Silur, der Elfenvölker der Insel, der Weisen der ALMAKAN, der Pilger zum KRANGOS und aller Gäste des Reiches geworden. Mindestens sechs Personen stehen stets im Kreise um den Stein und wachen bis neue Wächter sie ablösen. Heute abend allerdings will jeder zusammen mit den Elfen und ihren Begleitern wachen, umso mehr, als bekannt wird, wer sie sind
So ist es auch mit der würdigen Stille am Stein der Dena nicht so weit her. Während dutzende von Besuchern versuchen in Andacht zu verharren gucken sie doch alle Momente zu Berendor und Katuum hinüber. Später werden sie von den wenigen Gästen der Nachtwache abgelöst und finden Ruhe in einer der schlichten Gästehütten. Gräfin Helne weckt sie früh. Sie hat einen schnellen und ungestörten Aufbruch geplant. Aber schon bei Sonnenaufgang sind viele Wächter auf den Beinen, bestehen darauf gemeinsam mit König Katuum und Kaisersohn Berendor zu tafeln und ihnen zumindest die Strecke den Lichtberg hinab Geleit zu geben.