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Eines Nachts in Midlikor

Verfasst: Sa Okt 12, 2024 9:25 am
von Gwynn
Eines Nachts in Midlikor

Eines Nachts ...
Ein weiteres mal verlosch der glühende Funke. Ein leises Fluchen war durch die hereinbrechende Dämmerung zu hören.
„Verdammt, dieses krüpelte Wolkengezücht will einfach nicht brennen."
Funken erhellten für Augenblicke, Lebensfunken gleich, die kleine Lichtung. Er würde sich beeilen müssen, mit
der Dunkelheit kamen die Wölfe und ihre humanoiden Brüder. Da, ein winziges Glühen kündigte einen warmen Platz für die Nacht an. Vorsichtig blasend verwandelte er das dunkle Glühen in ein kleines Feuer, mit dem er einen verkrümmten, schwarzen Holzprügel maltretierte, der sich nach mehreren Versuchen dann auch endlich dazu entschloß, zu brennen. „Na bitte, nicht groß, aber warm"
Er rollte seine Decke aus und führte sein Pferd in den kleinen Lichtkreis. Nachdem er sich, mißmutig auf einem Stück Trockenfleisch kauend, am Feuer niederließ schweiften seine Blicke zum fernen Horizont an dem dunkel glühend, einer feurigen Goldkette gleich, die Feuer des weltberühmten Bakanasanwalls aufgereiht waren. Gerade wollte er sich dem Gedanken an das morgige oppulente Mahl, daß er sich sicherlich genehmigen Würde, wenn er die dortigen Siedlungen erreicht hatte, hingeben - er wußte schon nicht mehr, wann er das Letzte mal richtig gegessen hatte, da hörte er hinter sich im Wald das brechen von Ästen und Zweigen. Er spuckte das Trockenfleich aus, sprang auf und zu seinem Pferd und riß seine Armbrust aus ihrer Halterung. Gerade wollte er - seine Unordnung verfluchend - nach seinen am Artanschrein geweihten Bolzen suchen als auch schon drei Reiter die Lichtung erreichten. Reiter? Dann können es keine Werwölfe sein, denn die würde kein Pferd in seine Witterung lassen - womit sie eindeutig intelligenter Handeln als so mancher Mensch.
„Nun denn, keine Werwölfe, also reicht billige Munition für Normalsterbliche“
- in einer fließenden Bewegung tauchte er unter seinem Pferd durch und nutzte das eingelassene Wappen auf der lederbeharrnischten Brust des ersten Reiters als Zielscheibe. Erst dann nahm sich sein Gehirn die Zeit, das Wappen auch zu erkennen. Bakanasan - nunja, zumindest keine Werwölfe, aber auch nicht viel besser als das ...
"Freund oder Feind?“, der Vorderster Reiter bemühte sich, möglichst keine hastigen Bewegungen zu machen, während seine Begleiter nicht diese Hemmnisse hatten und nun ihrerseits die Kurzschwerter zogen.
,»Nun, das hängt von Euch ab, ich bin nur ein Reisender, wer seid Ihr?"
„Ich bin Julius Kinlus, Späher in der Armee - ihr befindet Euch auf unserem Grund und Boden!" - kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, offensichtlich war er sich der Gefährlichkeit der auf ihn gerichteten Waffe bewußt.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, das behaupten einige andere Reiche ebenfalls von sich. Aber lassen wir diese Spitzfindigkeiten, was wollt Ihr hier und was wollt Ihr von mir?“
„Wenn ihr die Güte haben würdet, Eure Waffe in eine andere Richtung zu halten ... - nein, nun gut. Wir sind auf Patrouille und suchen nach Überlebenden der Horde. Wir sahen Euer Feuer und dachten uns, dies währe eine günstige Gelegenheit, um unsere Nachtruhe anzutreten. Ehrlich gesagt hatten wir nicht damit gerechnet, jemanden Eures Schlages anzutreffen sondern rechneten eher mit einem versprengten Truppenteil. Wie ihr sicherlich wißt gibt es nicht allzuviele Reisende in dieser Gegend. Nun, wie sieht es aus? Wir sind erst heute Morgen aufgebrochen, könnten also nicht nur die Sicherheit einer größeren Gruppe anbieten, sondern auch noch kalten Kapauen in Weinsoße, dem man allerdings vortrefflich über Eurem Feuer aufwärmen könnte - das uns übrigens sehr überrascht, denn bisher ist es noch keinem Kaiserlichen gelungen mit dem verkrüppelten Wolkenholz irgend etwas anzufangen.“
Einen Moment lang rang er mit sich selbst und schließlich siegte sein Magen, er ließ die Armbrust sinken und sicherte die Bespannung.
„Tujamjaöl.“ (Fortsetzung folgt)

Re: Eines Nachts in Midlikor

Verfasst: So Okt 13, 2024 12:11 am
von Gwynn
„Wie bitte?*’, trotz der Frage entspannte sich der vorderste Reiter merklich.
„Tujamjaöl - damit bekommt man das Holz ans brennen. Ein Trick, den mir ein alter Kelani erzählte. Ähem ...", er deutete auf die Satteltaschen der Reiter, die bereits damit beschäftigt waren. ihre Pferde anzupflocken,.... er erzählte mir auch, wie man Kapaun vortrefflich aufwärmt. Hättet ihr also die Güte ...?“
Der erste Reiter warf ihm einen Beutel zu, der verdächtig gut nach Fleisch roch. Begierig öffnete er den Beutel und nahm einen herrlich großen Kapaun heraus, dessen leicht säuerlicher Geruch darauf schließen ließ, daß er gut abgehangen war, diesen legte er vorsichtig auf einen im Feuer plazierten Stein, während sich seine neuen Freunde mit knarrenden Rüstungen und scheppernden Waffen am Feuer niederließen.
„Ein alter Kelani? Dann seid ihr nicht aus Bakanasan?“
„Nein, ich bin Midlikorer aus Theineor.", er sah auf und in drei Gesichter, deren Mimik sich noch nicht zwischen Erstaunen, Unglauben. Angst, Hochachtung und Mitleid entscheiden konnten.
„Aus Theineor - oh ihr Armer, das erklärt Euren Hunger und Eure abgerissene Kleidung. Nehmt nur den ganzen Kapauen, wir können heute hungern.“. die beiden anderen nickten zustimmend und entschlossen sich für Mitleid in ihrer Mimik. Nun sahen sie einen verdutzten Demrod, der sie ihrerseits recht fragend ansah.
„Wieso Ich Armer' warum sollte ich Arm sein, glaubt Ihr wirklich, ich könnte mir dann eine solche Reise leisten?“
„Wieso leisten, Ihr seid doch sicher vor den schwarzen Schergen des Zardos geflohen. Was müßt Ihr doch für ein mutiger Mann sein, alleine durch das verseuchte Land zu reisen.“ Wieder wußte seine Mimik nicht genau, ob sie nun Mitleid oder Hochachtung anlegen sollte.
„Ich wüßte nicht, wovor ich fliehen sollte, nein, ich bin auf einer Reise, um mein Erbe anzutreten. Einer unserer Vorfahren stammt aus Bakanasan und die dortige Linie ist nun ausgestorben. Und so ...", er lehnte sich mit einem zufriedenen Grinsen zurück, „fällt alles an mich - und es ist ein ordentliches Sümmchen, das sich dort angesammelt hat. Genug, um endlich ein zweites Kontor zu eröffnen."
Nun wechselte die Mimik aller drei Bakanasancr zu Unglauben. „Ihr seid auf dem Weg um ein Kontor zu eröffnen? Ihr seid nicht vor den Schwarzen Kriegern des Zardos geflohen. die. wie man uns erzählt, übers Land reisen und Junge Männer in seine Armee pressen?"
„Frauen.“
„Wie bitte?"
„Frauen, die Truppen des Zardos rekrutieren vorzugsweise Mädchen und Frauen, fragt mich nicht warum, aber sie bevorzugen weibliche Kriegerinnen Und die werden auch nicht gepreßt sondern melden sich höchst freiwillig...“
„Freiwillig?"
"...... recht gerne sogar, hatten sie diese Möglichkeit vor Zardos doch gar nicht."
„Ihr lügt!"
„Was hätte ich davon, und jetzt laßt mich meinen Kapaun essen, soetwas Gutes habe ich schon lange nicht mehr gegessen.“
Ein selbstgefälliges Grinsen zog die Mundwinkel des Obersten nach Oben.
„Soetwas gibt es wohl nicht mehr, seid die Horden des Zardos durch Midligur streifen und raubend, mordend und plündernd sich nehmen, was sie haben wollen.“
„Nicht direkt, ich bin nur schon seit über 4 Monaten unterwegs und mein Reiseproviant ist nicht so luxoriös, wie Eurer."
„Was denn, es ziehen keine Horden durch Midligur?“, ungläubiges Staunen breitete sich auf dem Gesicht des Soldaten aus, während er geistesabwesend ein Stück Kapaun aus von den Knochen riß und sich in den Mund stopfte.
„Doch sicher, ebenso wie in jedem anderen Reich ziehen auch bei uns Heer durch die Dörfer. Schon vor drei Jahren erreichte eines seiner Heere mein Dorf.", Demrod spülte mit etwas Wein aus den Schläuchen der Bakanasaner nach.

(Fortsetzung folgt)

Re: Eines Nachts in Midlikor

Verfasst: Mo Okt 14, 2024 12:09 am
von Gwynn
„Und, was geschah dann?“
„Nun, sie kauften Proviant, beschäftigen ein wenig die ortsansässigen Huren und zogen dann weiter.“
„Keine Plünderungen?"
„Doch die gab es, sogar einige Häuser sind abgebrannt...", Erleichterung machte sich bei den Soldaten breit - endlich war etwas so, wie man es ihnen immer erzählt hatte.
„... aber der Heerführer des Zardos fand die Schuldigen und richtete sie hart.“
,£r richtete sie?“
„Ja, seid Ihr taub, er richtete sie hin, als Exempel - aber das schien sowieso nicht nötig zu sein, denn die Krieger und Kriegerinnen waren weitestgehend recht diszipliniert “
„Ja, aber die Monster, die gibt es doch - oder?“
„Selbstverständlich und nicht wenige. Gerade erst vor einer Woche traf ich zwei Jinxs."
Ungläubig rissen die Soldaten ihre Augen auf. Jinxs. Jeder von Ihnen erinnerte sich mit Schaudern an die zurückliegende Schlacht, wo sie diese Rattenmenschen beinahe aufgerieben hätten.
„Und. wie habt Ihr sie überlebt?“
„Nun, ich kaufte ihnen ein wenig ihres Proviants ab, da meiner fast aufgebraucht war, wie unterhielten uns noch ein wenig und dann trennten sich unsere Wege wieder."
„Ihr unterhieltet Euch?“
„Ja. Ihr solltet einmal Eure Ohren untersuchen lassen.“
„Mit Monstren?"
„Ja natürlich, Ihr tut ja geradezu so, als währen Jinxs dumm. Ich habe mich mit ihnen unterhalten und wir zogen in verschiedene Richtungen weiter. Sie sagten, sie wollen nach Artanar“
„Aber Orks und Jinxs und Trolle und Mörderbienen und und Werwölfe, sind die nicht böse und dumm - fallen über jeden her, der ihnen zu nahe kommt?“
„Ja, ein paar schon, wie auch bei uns Menschen gibt es gute und böse, wenn auch vielleicht die Nuancen anders sind. Sie sehen zwar abscheulich aus, aber glaubt mir: weder sehen wir in Ihren Augen wesentlich besser aus . noch sind sie sehr viel dümmer. Einige von ihnen haben eine geradezu geniale Intelligenz.“
„Aber woher ist Eure Kleidung dann so abgerissen.“
.Naja, ebenso wie in Bakanasan gibt es auch hier wilde Tiere - glaubt mir, nach einer so langen Reise, wie ich sie hinter mir habe sähet Ihr auch nicht besser aus.“
„Aber wie konntet Ihr den Rudeln der Werwölfe entkommen, die uns Zardos auf den Hals schickt.“
„Selbstverständlich Vorsicht: Man kann Werwölfe schnell erkennen, wenn man weiß, wonach man sucht. Sollte dies aber nicht mehr reichen, dann benutze ich, wie viele andere auch, einen der Artanschreine, die Zardos errichten ließ, und weihe dort meine Bolzen, das hält Werwölfe eigentlich immer auf Distanz.“
„Und woher wißt Ihr, wie man Werwölfe erkennt?", Augenscheinlich hatte sich der Verstand des Soldaten bereits vorübergehend abgemeldet - anders war sein ungläubiger Blick nicht mehr zu erklären.
„Naja, das haben uns die Berater des Zardos erzählt, die durch Midlikor ziehen und uns in solchen Dingen helfend zur Seite stehen."
„Helfende Berater?“
„Ja, soll Ich vielleicht lauter sprechen? Die Berater, die Zardos zu uns geschickt hat. damit sie uns zeigen, wie man den verbrannten Boden wieder fruchtbar macht, oder wie man die verkrüppelten Bäume nutzen kann. Nunja, und Ihre Heiler bringen unseren Schamanen bei, wie man mit den Krankheiten fertig wird, die durch die Wolkenverseuchung hervorgerufen wurden und
werden. Nur gegen Lycanthropie haben sie uns noch kein Mittel verraten, wahrscheinlich wissen sie selbst keines. Dafür erzählten sie uns aber, wie man mit nichtgeführten Werwölfen fertig wird oder sie zumindest schneller erkennt."

„Warum sollte Zardos zuerst fruchtbares Land vernichten und verseuchen um Euch dann zu zeigen, wie Ihr es wieder bestellen könnt? Warum sollte er Euch zeigen wie Ihr überlebt, will er doch nur Chaos und Tod verbreiten! Ihr lügt also doch!"

(Fortsetzung folgt)

Re: Eines Nachts in Midlikor

Verfasst: Di Okt 15, 2024 9:10 pm
von Gwynn
„Weil man über Tote im Chaos nicht herrschen kann! Deshalb schlichtweg und ergreifend. Welches Interesse hat Zardos daran. Landstriche zu entvölkern und zu verseuchen, über die er herrschen will? Tote zahlen keine Steuern und verseuchtes Land ernährt nur schwer seine Bewohner. Welches Interesse sollte Zardos haben. Land zu zerstören, das nach seiner Auffassung ihm gehört? Denkt darüber nach und ihr werdet feststellen. wie unlogisch Eure Argumentation ist” - jetzt geriet er ob dieses wohl doch recht einfach strukturierten Soldaten in Rage - und der steckte auch nicht zurück.
..Ihr tut so, als währe er kein Despot, der Euch unterdrückt und versklavt”, brüllte dieser und lief dabei rot an."
„Nun, er läßt uns mehr Freiheit als wir von Bakanasan kennen und von Quadrophenia erwarten können. Und wir leben besser als unter Bogo. Zardos hat uns unsere Religion, unsere Fürsten. unsere Strukturen und unser Land gelassen! Wir können so weiter Leben, wie wir es immer getan haben - unsere Kultur wurde uns nicht genommen und durch ein künstliches, dekadentes Gebilde ersetzt, wie es einst Bakanasan versucht!“ - nun waren beide aufgesprungen und starrten sich über das Feuer hinweg an.
„Dann erklärt mir, warum wir Tausende und Abertausende von Männern opfern, um Euch vom Joch des Zardos zu befreien!“, preßte der Soldat mühsam zwischen den Zähnen hervor.
Demrod entspannte sich wieder etwas. und der Soldat folgte seinem Beispiel.
,Jhr habt uns nie gefragt!"
..Wie bitte?“
„Ihr habt uns nie gefragt. Nie kam einer der Euren und hat uns gefragt, ob wir überhaupt befreit werden wollen. Jeder Bakanasaner ging davon aus, daß wir besetzt sind. Dies ist sogar richtig. Nur dürft Ihr nicht vergessen, daß wir einmal lange Zeit durch Bakanasan unterdrückt und versklavt wurden. Und diese Zeit war wesentlich schlimmer. Unter Zardos ist unsere Freiheit größer - sie geht sogar soweit daß er es zuläßt, daß man gegen seine Herrschaft opponiert - und doch könnt ihr mir glauben
- diese Personen sind eine Minderheit. Aber, sagt selbst. Ist es letztendlich nicht vollkommen egal, an wen ich meine Steuern abtrete - letztendlich kommt es am Ende auf selbe hinaus, ob mein Herrscher nun Ermobaron, Bogo oder Zardos heißt, was wir aber wissen ist, daß wir uns nie wieder durch Bakanasan beherrschen lassen wollen!“
„Dann seil Ihr ein Feind" - der Soldat zog halb sein schartiges Schwert aus der Scheide.
„Bei Artan, hört endlich auf mit Eurer Schwarz-Weiß-Einteilung. Natürlich bin ich Euer Feind, denn ich bin Midlikorer. wir gelten bei Euch als Rebellen Schon vergessen. Und jetzt steckt Euer Messer weg, denn ich habe nichts gegen Euch und Ihr nicht gegen mich. Und wollt Ihr mich tatsächlich umbringen, nur weil ich von der falschen Seite des Walls komme?“
Der Soldat wirkte verwirrter denn je. „Aber wenn Ihr ein Midlikorer seit und Zardos nicht verabscheut. Wenn seine Soldaten nicht plündern und seine Monster fast normal sind, wenn sich Dein Volk nicht im Aufstand befindet. Warum und wofür kämpfen wir eigentlich"
„Diese Frage kann ich Euch auch nicht beantworten, aber Ihr solltet einmal Eure Oberen fragen, warum sie solche Lügen verbreiten, wenn sie einen wirklichen Grund hätten, diese Kämpfe zu führen."
„Aber die Ligurier haben um Hilfe gebeten - das ist doch wohl ein Grund!“
„Ja? Wofür? Um Ihre Gebiete anschließend zu annektieren, wie Ihr es schon einmal hei uns getan habt? Denkt nach. Zardos hat bis zum heutigen Tage die Grenze nach Ligurien noch nicht überschritten. Er hat ihnen nie geschadet.
Könnte es vielleicht daran liegen, daß die meisten der Clanschamanen Dämonen anbeten? Ah. ich sehe schon, langsam dämmert es Dir, daß die meisten Schlachten, die geschlagen wurden sinnlos waren - abgesehen davon hat Ligurien um Hilfe gebeten und nicht Midlikor - werft nicht ständig Länder zusammen, die nicht zusammengehören!"

(Fortsetzung folgt)